BRICKS Berlin Schöneberg

Baugeschichte en bloc

Steinchen für Steinchen

Wenige Jahre nachdem Schöneberg 1898 die Stadtrechte erhalten hatte, veranlasste die Reichspostdirektion Berlin den Bau des Postamts Schöneberg auf einem an der Hauptstraße gelegenen Grundstück, das sich nach Nordwesten bis zur Belziger Straße erstreckt. Die zur Hauptstraße hin repräsentative Fassade des 1903 fertiggestellten Gebäudes entwarf Otto Spalding – ganz im Geiste des Historismus – im Stil der Neorenaissance, mit roten Ziegeln und hellgrauem Sandstein. Bereits 1907 folgte ein Rohrpostmaschinenhaus im Innenhof, das die Materialität aufgriff. Die Kommunikationsformen erlebten einen Wandel, und so wurde in den Zehnerjahren ein fünfgeschossiges Fernsprechamt hofseitig an das Postamt angebaut. Handstrichziegel blieben das Baumaterial, allerdings gestaltete Spalding die Fassade durch Anordnungen der Steine zu reliefartigen Mustern, die den Expressionismus erahnen lassen. 1931 schließlich wurde das von Fritz Nissle entworfene Fernsprechamt Süd – ein sechsgeschossiger Stahlskelettbauten mit Klinkerfassade – mit angeschlossenem Fuhramt an der Belziger Straße fertiggestellt, das zu einem Zeugnis des Neuen Bauens wurde.

Anzahl Wohneinheiten128
Wohnfläche7.630 m²
ArchitekturGRAFT Gesellschaft von Architekten mbH
BauherrschaftTrockland Management GmbH
Award-KategorieQuartiersentwicklung
 
PlanungsbüroGRAFT Gesellschaft von Architekten mbH
Zum Profil
FotografieAna Sampaio Barros / BTTR GmbH, Trockland Management GmbH
Mit der Revitalisierung des historischen Postfuhramts haben wir das Areal für eine Vielzahl von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen wieder zum Leben erweckt und ein neues Quartier geschaffen.

Thomas Willemeit, Wolfram Putz, Lars Krückeberg (GRAFT Architekten), Heskel Nathaniel (Trockland)

Nach Reparaturen der Kriegsschäden und wenigen Umbaumaßnahmen wurden die Gebäude in den Neunzigerjahren unter Denkmalschutz gestellt. Knapp 100 Jahre nach ihrer Fertigstellung schreiben Graft Architekten nun die Geschichte der Postbauten auf dem rund 11.700 Quadratmeter großen Gelände fort und fassen die verschiedenen Zeitschichten zu einem Projekt zusammen: „BRICKS Berlin Schöneberg“. Die sorgfältige Transformation der historischen Bauten umfasste dabei den Umbau der bisher ungenutzten Dächer nach historischem Vorbild wie auch eine denkmalgerechte Revitalisierung der Flächen, ohne den Gebäuden ihren jeweils prägenden Charakter zu nehmen. Überraschende Funde, wie Deckenmalereien unter Teerlackschichten in der imposanten freitragenden zweigeschossigen Halle, wurden behutsam in die Gestaltung integriert. Heute beherbergt der einstige Handvermittlungsaal nun das Kabbalah Centre Berlin. Zwei Neubauten ergänzen das Ensemble als Zeugnisse ihrer Zeit: Ziegelsteine und Geometrie finden an den Fassaden der Neubauten über parametrische Entwurfsstrategien zusammen – das Material bleibt das verbindende Element von Zeit und Architektur. Entstanden ist ein Quartier mit 128 Wohneinheiten, Bildungseinrichtungen, Büros, Gastronomie und Geschäften. Vor allem ist aber ein der Öffentlichkeit zugängliches Ensemble entstanden, dessen Wegenetz sich mit den unterschiedlichen Innenhöfen verbindet und dabei nicht nur eine Durchwegung ermöglicht, sondern auch neue Aufenthaltsqualitäten schafft.

Impressionen