Metropolenhaus Am Jüdischen Museum

Stadtmacher

Der erste Platz des Jahres 2020

Mit dem Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt in Berlin ist ein Lückenschluss im historischen Gewebe der barocken Friedrichstadt gelungen – und zugleich viel mehr. Denn das Areal gegenüber dem Jüdischen Museum steht für einen neuen, vielleicht zukunftsweisenden Umgang mit städtischem Bauland, das in diesem Fall nicht für den Höchstpreis, sondern für ein überzeugendes Nutzungskonzept an die Entwickler vergeben wurde. Die Idee des Metropolenhauses lässt sich auf eine eingängige Formel bringen: Eigentum verpflichtet. Denn die Käufer der insgesamt 40 Einheiten finanzieren nicht nur ihr Dach über dem Kopf, sondern auch eine hauseigene Non-Profit-Kulturplattform im Erdgeschoss. Der Mehrwert des Projekts, so könnte man sagen, besteht vor allem in der sozialen Rendite, von der die Nachbarschaft und damit auch die Stadt profitieren. Denn schon während der Bauzeit luden die Initiatoren die Nachbarn aus einer migrantisch geprägten Nachkriegswohnsiedlung immer wieder zu Veranstaltungen ein und kooperieren seither auch mit den Schulen vor Ort. Nicht zuletzt beweist das Metropolenhaus, dass sich soziales Gewissen und ein hoher architektonischer Anspruch nicht ausschließen.

Anzahl Wohneinheiten40
Wohnfläche5.950 m²
StandortBerlin (D)
BauherrschaftMetropolenhaus Am Jüdischen Museum GmbH & Co.KG
Award-KategoriePartizipative Planung
 
PlanungsbüroMetropolenhaus Am Jüdischen Museum GmbH & Co.KG
Zum Profil
FotografieSebastian Wells, Rainer Gollmer
Berlin braucht kreative Konzepte in der Entwicklung von Architektur und Stadt. Bei der Vergabe von Baugrund sollte die Maxime ,Eigentum verpflichtet‘ im Fokus stehen, um Verantwortung für die soziale Entwicklung und Vielfalt von Quartieren zu übernehmen.

Benita Braun-Feldweg

Seine Gestalt entwickelt das zweiflügelige Gebäude aus der besonderen städtebaulichen Lage an der Einmündung der Markgrafenstraße in die Lindenstraße sowie als nördlicher Abschluss des neuen Fromet- und-Moses-Mendelssohn-Platzes, der den Mittelpunkt des neuen Quartiers bildet. Diese Mehrfrontenherausforderung parieren die beiden Gebäudeteile mit unterschiedlichen Fassaden: Zur Straße hin präsentiert es sich als metallisch kühle, nüchtern gerasterte Front und öffnet sich nach Süden zum Platz hin über großzügig verglaste Loggien. Die abgekehrte Hofseite mit ihren luftigen, begrünten Laubengängen bleibt hingegen das Privileg der Bewohner. Über die Binnenstruktur der einzelnen Ebenen ergibt sich eine feinkörnige funktionale Mischung: Während das Erdgeschoss neben den 400 Quadratmetern für offene gemeinschaftliche Nutzungen und kreative Projekte noch 600 Quadratmeter für Gastronomie und Einzelhandel bereithält, stehen im ersten Obergeschoss 7 Gewerbeeinheiten und Kreativstudios zur Verfügung. Zu den insgesamt 40 Wohnungen gehören auch 3 großzügige Atelier-Maisonettes, in denen gewohnt und gearbeitet wird. Das Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt hat die vormals unbelebte Gegend zwischen dem südlichen Ende der Friedrichstraße und dem Jüdischen Museum erfolgreich in einen Teil der Stadt verwandelt und lässt zu Recht die Frage aufkommen, ob Konzeptverfahren mit sozialem Anspruch ein weithin praktikabler Baustein für Stadtentwicklung unter verschärften Marktbedingungen sein könnten. Stell Dir vor, es wird gentrifziert und keiner hat Angst!

Impressionen